Wer sich vom Wiener Burgtheater aus südwärts bewegt, nähert sich stetig der Bühne des Wiener Alpenbogens. Die imposanten Gebirgsstöcke von Rax und Schneeberg sind die hohe Bühne dieses Schauspiels, dieses Theaterstücks, stets zwischen Drama, Kömodie und Lustspiel schwankend. Vier Tage gilt es die Bühne zu betreten, wobei eigentlich werfe ich einen Blick hinter die Kulissen. Denn im Gegensatz zum Burgtheater, darf auch ich diesen Backstage-Bereich betreten.
> Tag 1: 30. Mai 2016 | Bahnhof Payerbach-Reichenau – Habsburghaus/Rax | 18,4km – 1.760Hm
> Tag 2: 31. Mai 2016 | Habsburghaus/Rax – Mitterhof (Schwarzau im Gebirge) | 15,8km – 420Hm
> Tag 3: 1. Juni 2016 | Mitterhof im Preintal – Edelweißhütte am Fadensteig | 14,3km – 980Hm
> Tag 4: 2. Juni 2016 | Edelweißhütte am Fadensteig | 9,3km – 90Hm
> Kurzinformationen zur Tour
Tag 1: Payerbach – Habsburghaus auf der Rax
30. Mai 2016 – 18,4km – 1.760Hm
Diesmal starte ich alleine in die viertägige Wanderung, die bessere Hälfte tobt sich gerade auf den Boulderblöcken in Teneriffa aus. Und diesmal starte ich auch am richtigen Bahnhof, nicht dass mir noch einmal so ein Missgeschick wie bei der vergangenen Tour passiert.
Die Wettervorhersage für die nächsten Tage treibt den normalen Menschen eigentlich vom Berg hinab, als wie auf den Berg hinauf. So kommt mir ein ungarischer Wandersmann entgegen, welcher schon ein paar Tage unterwegs ist und eigentlich am Marienweg nach Mariazell gehen wollte. Bei der Vorhersage verging ihm aber die Lust, so spaziert er zum Bahnhof und lässt es bleiben. Er wünscht mir alles Gute und viel Glück.
Das Bergsteigerdorf, den Kurort und das Festspiel-Mekka Reichenau an der Rax durchquere ich an der Straße, ehe ich mich endlich bergwärts bewege und den Weg zum Knappenhof einschlage. Ich komme mit einer älteren Frau ins Gespräch, welche ich am Weg dorthin überhole. Dass sie 83 Jahre sei, merke ich ihr ob des flotten Schrittes gar nicht an. Noch dazu fuhr sie mit dem Rad zu ihrem Wander-Ausgangspunkt. Auf mein Kommentar hin, dass ich froh wäre, mit 83 auch so fit zu sein, meinte sie nur ganz salopp: „Jo sicha, so wie sie ausschaun wird des scho!“
Ich wandere vorbei am Hotel Knappenhof und steige weiter empor zum Huthaus, einem Gebäude mit besonderer Bergbau-Geschichte. 1776 vom Stift Neuberg errichtet, galt das Huthaus als Versammlungs- und Bethaus der Bergknappen. Im „Glockenturm“ läutete die Schichtglocke die Knappen zur Arbeit. Im Jahr 1899 wurde der Bergbau in der Region eingestellt, das Haus selbst hat sich seitdem laut Infotafel äußerlich nicht verändert. Naja, bis auf den Dachstuhl.
Immer bergwärts lautet die Devise. Der Törlweg führt mich steinig in die Höhe, drei Wandersfrauen mit Regenjacken kommen mir bergab gehend entgegen. Sie sind schon vorbereitet auf das was kommt und auf das was ist. Ich verrate mal vorweg: Vom Törlweg bis zur Seehütte ist es eine Achterbahnfahrt zwischen Regen und naja, Nicht-Regen.
Warum der Törlweg so heißt, erweist sich mir vor dem Otto-Schutzhaus. Es gilt ein steinernes Tor zu durchwandern, etwas rutschig jedenfalls. In einem Bogen über sanfte Alpenrasenwege lande ich am betriebsarmen Otto-Schutzhaus. Das einzige Lebenszeichen an diesem Standort geht von einem Staubsauger im Inneren des Hauses aus. Ein Nebelsauger wäre hier oben aber auch nicht schlecht.
Eine Analyse meiner Psyche hätte ich vor vielen Jahren am Otto-Schutzhaus erfahren dürfen, war doch Sigmund Freud einige Male auf der Hütte zu Gast. Dies beschreibt eine Tafel an der Fassade am Otto-Schutzhaus, deren Entzifferung gar nicht mal so einfach ist.
Am blau markierten Wanderweg und am beschilderten Wiener Alpenbogen wandere ich vorbei am Fritz Benesch-Denkmal, dem Erschließer der Wiener Hausberge, in Richtung Preinerwandkreuz, latsche durch üppige Latschen-Landschaft und bleibe stehen, als ich dreißig Meter vor mir eine grasende Gams entdecke. Sie sieht mich an, senkt den Kopf und frisst weiter. Langsam bewege ich mich fort, sie zupft nur wenige Meter neben dem Weg die feinen Kräuter aus dem Boden. Gänzlich unbeeindruckt von mir lässt sie sich nicht stören und mampft genüsslich in den Tag hinein. Eine coole Gams.
Vom Preinerwandkreuz mit Null-Ausblick – brauche ich eigentlich schon gar nicht mehr erwähnen – spaziere ich wieder ein paar Höhenmeter zur Neuen Seehütte abwärts. Keine Spur von Lebenszeichen. Zu erwähnen sei, dass man sich auf der Rax im Grunde großflächig im Quellschutzgebiet bewegt und den Grund der Gemeinde Wien bewandert. Doch zu diesem Thema soll ich am morgigen Tag etwas mehr erfahren.
Wer einen See an der Neuen Seehütte sucht, muss sich mit einem kleinen Löschteich begnügen. Die Neue Seehütte heißt nur so, weil die Alte Seehütte der ÖTK Sektion „D’Höllentaler Holzknecht“ im Jahr 1946 dem Quellschutzgebiet am heutigen Seeweg weichen musste und daraufhin am heutigen Standort neu gebaut wurde. Neben der Alten Seehütte, früher auch nur Seehütte, befand sich ein See, ungewöhnlich für das Karst-Gebiet. Dieser verschwand aber eines Tages innerhalb weniger Tage, wahrscheinlich ist das Gestein unterhalb durchgebrochen. Heute, an diesem Tage, findet sich kein See auf der Rax, dafür viele Pfützen.
Am Trinksteinsattel angekommen, mache ich bei der hiesigen Bergrettungshütte eine kleine Pause. Zu meinem Magengrummeln hat sich auch Donnergrollen gemischt, meine Schweißperlen auf der Stirn vermischen sich mit dem Nass von oben. Während ich untergestellt etwas trocken bleibe, zieht das Gewitter an mir vorüber, der starke Regenguss bleibt aber. Ich warte noch ein paar Minuten und dann mache ich es wie eine Kuh mit dem Almboden: Drauf g’schissn! Nass werden ist ungemütlich, nass sein gar nicht mehr so schlimm.
Das Habsburghaus drängt sich hinter dem Jahn-Kreuz ins Blickfeld und wenige Minuten vor der warmen Stube klingt der Regen langsam ab. Vorm Eingang schüttle ich mich einmal ab und betrete das schmucke Haus, welches Platz für an die 100 Nächtigungsgäste bietet. Heute kann ich mir das Zimmer aussuchen. Ich bin der einzige Gast und werde der einzige Gast bleiben.
Reini begrüßt mich und kennt mich schon beim Namen, ohne mich vorgestellt zu haben. Hat sich ja sonst niemand angekündigt. Reini ist mit seinen beiden MitpächterInnen Engelbert und Sabine neu im Hüttenwirtgeschäft. Seit Anfang Mai sind sie erstmalig für eine Hütte zuständig und sie scheinen ihre Sache bislang recht gut zu machen. Die Hütte und die Rax sind ja kein unbekanntes Terrain für die Drei, die Rax ist ja quasi ihr Hausberg.
Wenn ich die Regenstunde vorher geschützt in der Bergrettungshütte verbracht hätte, würde ich nun bei halbem Sonnenschein zum Habsburghaus rübermarschieren. „Wenn da wenn ned wär, dann wär da Kuahdreck Butter.“
Dafür schnappe ich mir umso genussvoller ein Weizenbier und verziehe mich mit Reini auf die Rückbank auf der Hinterseite der Hütte. Wieder Backstage also. Von hier blicken wir rüber auf die Schneealpe und in der Ferne ist der Ötscher gut erkennbar. Vor allem im Laufe des Abends reißen die Wolkenfelder immer stärker auf.
Moment. Stimmt ja gar nicht, dass ich der einzige Gast auf der Hütte bin. Ein amtsbekannter Fuchs stattet uns einen Besuch ab und zeigt sich von seiner fotogensten Seite.
Einen sehr interessanten und lustigen Abend darf ich im Habsburghaus verbringen. Reini weiß viel über versteckte Höhlen und Steige Bescheid, kennt sich in der Bergwelt aus, plaudert ein wenig aus dem Nähkästchen, erzählt über schlecht ausgestattete Wandersleut. Nicht unkommentiert soll natürlich die neue Registrierkassa am Habsburghaus sein. Dieses gute Stück wird mir noch einmal unterkommen.
Angemerkt sei auch, dass nach dem Genuss von Latschen- und Enzianschnaps die Nachtruhe von 22 Uhr nicht eingehalten werden konnte. Es war einfach ein zu lustiger Abend.
Fazit: Mittelschwere Bergtour, der Törlweg ist nie wirklich besonders steil und nie wirklich besonders schwer zu begehen. Zwischen Otto-Schutzhaus und Preiner Wand-Kreuz sehr schmale Latschenwege, aufpassen bei Gegenverkehr, dafür (bei Schönwetter) schöne Aussichtspunkte. Alternativ könnte man auch den breiteren Seeweg zur Neuen Seehütte begehen. Auf der Neuen Seehütte gibt es keine Nächtigungsmöglichkeit, nur Einkehr. Die feinen Ausblicke vom Habsburghaus sind bekannt, vor allem der Sonnenuntergang kann ziemlich mitreißen. Wer noch nicht genug gewandert ist, kann einen Abstecher zur Scheibwaldhöhe oder zum Karl-Ludwig-Haus unternehmen.
Dauer: ca. 7 Stunden (mit Regenpausen)
Besonderheiten und weiterführende Infos: Payerbach, Reichenau an der Rax, Knappenhof, Otto-Schutzhaus, Neue Seehütte, Habsburghaus
Wanderkarte: Sonderkarte „Wiener Alpen in Niederösterreich – Wander-/Rad-/Freizeitkarte“ 1:55.000 / freytag & berndt WK 022 1:50.000
Diese Route ist als Wandertipp für Experten auf www.wieneralpen.at zu finden!
Tag 2: Habsburghaus auf der Rax – Preintal
31. Mai 2016 – 15,8km – 420Hm
Dass der gestrige Abend in den heutigen Tag hineinmündete, ist mir beim Aufstehen sehr bewusst. Gut, dass heute keine allzu schwierige Tour am Programm steht. Mit einem Frühstück im Magen sage ich zu Reini und Habsburghaus gähnend Servus und mache mich auf den Weg Richtung Naßwald.
Am Vortag habe ich schon einige Exemplare davon gesehen, doch am heutigen Tag erblicke ich gleich zwei Alpensalamander eng umschlungen und sich umarmend. Sie wälzen sich auf den Steinen herum, sieht zwar süß aus, bezweifle aber, dass es ein Akt des Vergnügens sei.
Am Weg zum Zikafahnlgraben stößt das interessierte Auge noch auf die Umrisse der alten Pehofer-Alm. Hier hauste gegen Ende des 19. Jahrhundert das „Pehofer-Muatterl“. Diese rüstige Dame lebte auf der Alm für 27 Jahre, ohne einmal in dieser Zeit ins Tal gekommen zu sein. Leider wurde sie nicht mehr Zeugin, wie am Rande ihrer ehemaligen Alm ein Wegweiser zum Niederösterreichischen Landesrundwanderweg aufgestellt wurde.
Der Schüttersteig hat seinen Namen wohl von den immer schütterer werdenden Markierungen. Dafür ist auf der Strecke zum Schüttersteig und im genannten schmalen und teilweise steilen Steig niemand unterwegs. Wohl werden auch an schönen Wochenenden nur wenige Wandersleut den Steig auf- und absteigen, beliebter dürften der Peter-Jokel- und Kaiser-Steig sein. Aber um das geht’s ja gerade im Backstage-Bereich: Die Massen sind woanders.
Der Wettergott hat heute ein wenig Einsehen mit mir, den Schüttersteig darf ich noch im Trockenen absteigen, doch pünklich beim Betreten des Naßbachtales ist es mit seiner Geduld geschehen. Lange sah ich in der Ferne die Regenwolken und die Regenwände, langsam bewegten sie sich in meine Richtung zu, lange spazierte ich ihnen davon. Aber hier erwischen sie mich wieder in ihrer vollen Breitseite. Ein wenig spaziere ich die Straße nach Naßwald entlang, doch bevor ich den kleinen Ort erreiche, zwingt mich das über mir stehende Gewitter zur Einkehr unter einem Felsvorsprung. Über eine Stunde verharre ich hier, Autos fahren an mir vorbei, doch eingezwängt im Felsen falle ich niemanden auf. Der Donner verstummt, der Himmel wird heller, Zeit sich auf die Socken zu machen.
Naßwald ist relativ schnell erreicht und Reithof ist auch nur mehr einen Katzensprung entfernt. Das Wirtshaus zum Raxkönig (auch Unterkunftsmöglichkeit) hat heute Ruhetag. Wer meine Wanderberichte verfolgt: Ruhetage und aussichtsloses Wetter kann ich.
Außerdem befinde ich mich hier eigentlich in Wien. Über 8.000 Hektar Grundstücksfläche gehört in dieser Region der Stadt Wien, also 80 Quadratkilometer oder ca. ein Fünftel der Wiener Bundeslandsfläche. Die Stadt Wien lässt sich die Wasserqualität in der Stadt einiges kosten, führt doch hier durch das Naßbachtal die 1. Wiener Hochquellenwasserleitung.
In Reithof verlasse ich das Naßbachtal, treffe vorher noch auf eine geheime Holzarmee und die sehenswerte Hubmer Gedächtnisstätte und wandere relativ alternativlos im Preinbachtal nahe dem Preinbach entlang. Teilweise steht hier die Welt Kopf, WallfahrerInnen nutzen diese Strecke auch als Wegalternative. Die Wegweiser nach Mariazell belegen wohl diese Theorie.
Im Preintal fühle ich wieder Asphalt unter den Füßen, nur mehr wenige Minuten und Höhenmeter trennen mich von den Privatzimmern im Mitterhof der Familie Zöchling. Hier im Preintal führt der offizielle Burgenländische Mariazellerweg 06 hindurch, dafür ausgelegt sind auch die Zimmer im Mitterhof. Ich nächtige nämlich im Pfarrerzimmer.
Nur leider komme ich gerade etwas ungünstig, ein gestern geborenes Kalb ist von der Weide ausgebüchst und hat sich im Wald verirrt. Vroni und Co. machen sich auf den Weg, das orientierungslose Kalb zu finden. Meine eigene Orientierung bringt mich am Nachmittag ins Bett, der Schlafmangel der gestrigen Nacht blieb meinem Körper nicht unbemerkt. Am Abend verspeise ich meinen mitgebrachten Proviant, mache noch einen kurzen Spaziergang und wende mich wieder dem Bett zu. Hatte ja noch nicht erwähnt, dass die Nacht vor dem Habsburghaus auch nicht von vielen Schlafstunden gekrönt war.
Fazit: Im Großen und Ganzen eine mittelschwere Tour, wobei der Abstieg im Schüttersteig nicht zu unterschätzen ist. In manchen Abschnitten sehr steil und teils sind die Querungen sehr schmal, bei nassen Bedingungen auch rutschig. Unschwierige Wanderung jedoch im Nassbach- und Preinbachtal, Höhenmeter kommen im Grunde nur im Preinbachtal auf den Tacho. Einzige Einkehrmöglichkeit bietet sich im Wirtshaus zum Raxkönig an, wenn nicht gerade Ruhetag ist. Im Mitterhof gibt es grundsätzlich keine Abendverpflegung, doch man wird gefragt, ob man etwas zu trinken oder zu essen will. Ich hatte meinen eigenen Proviant dabei.
Dauer: 6 Stunden, 30 Minuten (ca. 1 Stunde Gewitterpause, sonstige kurze Regenpausen)
Besonderheiten und weitere Informationen: Erste Hochquellenwasserleitung, Wirtshaus zum Raxkönig, Hubmer Gedächtnisstätte, Privatzimmer Mitterhof
Wanderkarte: Sonderkarte „Wiener Alpen in Niederösterreich – Wander-/Rad-/Freizeitkarte“ 1:55.000 / freytag & berndt WK 022 1:50.000
Diese Route ist als Wandertipp für Experten auf www.wieneralpen.at zu finden!
Tag 3: Preintal – Edelweißhütte
1. Juni 2016 – 14,3km – 980Hm
Geschlafen wie ein Stein. Die mangelnden Schlafstunden der letzten zwei Nächte sind nun ausgeglichen, ein üppiges Frühstück mit selbstgebackenem Brot in der Gaststube im Mitterhof erwartet mich. Der Bio-Betrieb nimmt seit ein paar Jahren Wandersmenschen in den neu gebauten Gästezimmern auf, großteils finden Mariazell-Wallfahrgruppen in den Räumen des zweimalig prämierten Sieger des Blumenschmuckwettbewerbs einen Platz. Wandersmenschen können es zwar schwer mit auf die Reise nehmen, aber alle anderen BesucherInnen können sich Ab-Hof mit Fleisch vom Bio-Jungrind versorgen. Übrigens: Das Kalb wurde gefunden und gesund auf die Weide gebracht.
Wenige Höhenmeter gilt es für mich zu einer Kapelle zu überwinden, ehe ich entgegen dem Mariazellerweg bergab ins Schwarzatal wandere. Vorbei am schon bekannten Bacherlwirt, spaziere ich zur Schwarza, leichter Regen hat eingesetzt und weicht das verstreute Klopapier auf. Viel Spaß beim Wegräumen.
Wieder mal sehr wechselhaft ist es über meinem Kopfe. Spärlich markiert wandere ich die Schwarza entlang und überquere den Fluss auf einer neu errichteten Holzbrücke. Danach spaziere ich an der Gurktal-Rast vorbei, weit bin ich gekommen, und über Forststraßen bergwärts, beobachte Kühe auf einer Weide und wandere frohen Schrittes auf sanften Wiesen- und Waldwegen hinab ins Voistal.
Im Voistal steppt der Bär. Nicht. Der Gasthof Nothnagel bietet schon länger keinen Gastbetrieb mehr an, der anliegenden und gleichnamigen Bushaltestelle ist das egal. Kann es auch ziemlich, wird die gute Haltestelle doch nur während den Sommerferien an Sonn- und Feiertagen angefahren. Aber dann wenigstens zwei Mal.
Kurz vor der Kapelle zur Heiligen Magdalena komme ich mit der Familie Jansch ins Gespräch. Sie haben sich getraut und vor drei Jahren Privatzimmer für Wandersleut und Tagesgäste errichtet. Sie schließen im Voistal also eine Übernachtungslücke, in einer Region, in welcher bis Ende der 70er-Jahre noch drei Wirtshäuser in Betrieb waren. Das Haus Jansch liegt in unmittelbarer Nähe zum grün markierten Fleischersteig, einem Aufstiegsweg zum Kuhschneeberg.
Nach dem Asphalthatscher im Voistal kommen die Forststraßen am Weg zur Putzkapelle gerade recht. Bei leicht einsetzendem Regen steige ich den wieder besser markierten 06er-Weg bergan, wechsle nach einer Bachquerung auf den steil empor führenden Weg des Piestingtaler Rundwanderweges. Anfänglich noch im sehr dichten Mischwald, später dann stets entlang im wasserführenden Graben in Richtung Edelweißhütte. Unter einem Felsen wiederhole ich meine Tat vom Vortag: Das Gewitter abwarten.
Am frühen Nachmittag erreiche ich die Edelweißhütte, die Hüttenmannschaft ist in der Stube versammelt und genehmigt sich gerade das Mittagessen. Ich lasse mich auch nicht lumpen und höre auf die Stimmen, die mein Magen von sich gibt. Knödel mit Semmelkren und das Gewitter von vorher ist schon wieder vergessen.
Im Laufe des Tages wird selbst die Hüttenmannschaft etwas schrumpfen. Für den Rest des Abends bleiben nur mehr ich als einziger Gast, mein Verköstiger und Unterhalter Mike sowie die Hüttenkatze Punkti übrig. Hüttenkatze im wahrsten Sinn, ist diese doch schon seit über acht Jahren die Chefin der Edelweißhütte, während das neue Pächterteam seit letztem Jahr für eine warme Stube und offene Türen sorgt. Außerdem gibt es für mich auf der Edelweißhütte zwei Premieren zu feiern. Ich bin wohl der erste hüttenfremde Mensch, der auf der erst am Vormittag erneuerten Terrasse herumspaziert und bin wohl auch der letzte Mensch, dessen Verpflegungskosten noch ohne Registrierkassa abgerechnet wurden. Denn die Anschaffung kommt morgen Vormittag auf den Berg. Es tut sich also was auf der Edelweißhütte.
Beeindruckend ist das Schauspiel in Blickrichtung Puchberg/Schneeberg. Von der Edelweißhütte hat man einen absolut genialen Ausblick in Richtung Puchberg, Wiener Neustadt und bei idealen Bedingungen bis zum Neusiedler See. Eine Regenwand nähert sich der Hütte und lässt Puchberg langsam im Grau verschwinden, über dem Öhler blitzt und kracht es, der spätere Regenguss lässt die Dachrinne überschwappen. Mir, Mike und Punkti ist das in der Edelweißhütte relativ egal – wir genießen das Knistern des Holzofens und die trommelnden Regentropfen am Dach.
Fazit: Mittlere Tour ohne große Schwierigkeiten, einzig steil ist der Aufstiegsweg 231 am Weg zur Edelweißhütte. Relativ viel Asphaltanteil noch am Weg nach Schwarzau und danach im Voistal, dafür sehr ruhig. Tolle Ausblicke von der Edelweißhütte, bei gutem Wetter könnte man noch über den Fadensteig auf den Schneeberg aufsteigen.
Dauer: 5 Stunden, 30 Minuten
Besonderheiten und weiterführende Informationen: Schwarzau im Gebirge, Edelweißhütte
Wanderkarte: Sonderkarte „Wiener Alpen in Niederösterreich – Wander-/Rad-/Freizeitkarte“ 1:55.000 / freytag & berndt WK 022 1:50.000
Diese Route ist als Wandertipp für Experten auf www.wieneralpen.at zu finden!
Tag 4: Edelweißhütte – Puchberg/Schneeberg
2. Juni 2016 – 9,3km – 90Hm
Auf Regen folgt Sonnenschein. Immer, egal wo man ist. Auch auf der Edelweißhütte, denn diese präsentiert sich am frühen Vormittag im Sonnenlicht, während in Puchberg der Frühnebel noch das Sagen hat. Eine sehr entspannte und letzte Etappe der Schneeberg & Rax Backstage-Tour steht bevor.
Dem Schneeberg gilt es den Rücken zu kehren, Losenheim liegt vor meinen Füßen. Höhenmeter gibt’s fast keine, dafür warten sehr gemütliche Wegkilometer auf Wirtschaftswegen auf mich. Am letzten Teilstück vor dem Bahnhof Puchberg/Schneeberg bewandere ich wieder den Burgenländischen Mariazellerweg 06.
Einen Salamander mit seinem Baby bekomme ich kurz vor dem Bahnhof noch zu Gesicht, die eiserne Schneebergbahn macht sich nämlich auf den Weg bergwärts. Während dem Salamander also seine Tour auf die Schneebergbühne bevorsteht, geht meine Backstage-Tour in Puchberg zu Ende. Auch wenn das Wetter sehr abwechslungsreich war, überwiegt die Freude über die absolvierte Wanderung. Denn beim Zahnradbahnmuseum fällt mir auf: Wer rastet, der rostet – und Rost will ich keinen ansetzen.
Fazit: Leichte und kurze Wandertour, könnte man auch schon an die vorangegangene Tagestour zur Edelweißhütte anhängen. Gemütliche Wanderwege, Wirtschaftsstraßen und Weidenpfade.
Dauer: 2 Stunden, 30 Minuten
Besonderheiten und weiterführende Informationen: Schneeberg Sesselbahn, Forellenhof Losenheim, Puchberg/Schneeberg
Wanderkarte: Sonderkarte „Wiener Alpen in Niederösterreich – Wander-/Rad-/Freizeitkarte“ 1:55.000 / freytag & berndt WK 022 1:50.000
Diese Route ist als Wandertipp für Experten auf www.wieneralpen.at zu finden!
Willst du noch eine Nacht in Puchberg verbringen, empfehle ich dir den Schneeberghof und den entsprechenden Bericht von wiederunterwegs.com.
Kurzinformationen zur Tour
Weglänge: 57,3km
Höhenmeter: 3.260Hm
Dauer: 4 Tage
Wanderkarte: Sonderkarte „Wiener Alpen in Niederösterreich – Wander-/Rad-/Freizeitkarte“ 1:55.000 / freytag & berndt WK 022 1:50.000
Diese Route ist als Wandertipp für Experten auf www.wieneralpen.at zu finden!
Danke an Wiener Alpen in Niederösterreich Tourismus GmbH für die Organisation der Unterkünfte und die Einladung zu selbigen. Da ich ein ehrlicher Zeitgenosse bin, ändert dieser Umstand nichts an meiner Kritikfähigkeit.
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