Im Oktober 2016 wurde die Redaktion des Südwind Magazins von der Einstellung der Fördermittel für das Magazin nahezu überrumpelt. Ende 2016 war es bittere Gewissheit: Die finanziellen Fördermittel der Austrian Development Agency (ADA) werden ab sofort eingestellt. Ein Genickbruch für das unabhängige Magazin für internationale Politik, Kultur und Entwicklung. Doch es gibt Hoffnung.
Wer oder was ist das Südwind Magazin?
Das Südwind Magazin informiert seit 1979, damals noch unter dem Namen Entwicklungspolitische Nachrichten (EPN), als unabhängiges Magazin über Themen wie Globalisierung, Leben, Wirtschaft, Kultur und Entwicklung. Missstände werden aufgedeckt, positive Projekte vorgestellt, globale Zusammenhänge erklärt, ein gewisses Weltbewusstsein wird geschaffen.
Man kann sich nicht isolieren und die Tür schließen. Wir sind eine Welt! (Richard Solder)
Schon damals wurde das Magazin mit Mitteln der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit durch das Außenministerium gefördert, klar geregelt im damaligen Entwicklungshilfegesetz von 1974. Aus Entwicklungshilfe wurde mit der Zeit Entwicklungszusammenarbeit, im aktuell zuständigen Entwicklungszusammenarbeitsgesetz (EZA-G) aus dem Jahr 2002 ist unter § 2 folgender Spruch zu finden:
Entwicklungszusammenarbeit im Sinne dieses Bundesgesetzes umfasst alle Maßnahmen des Bundes, die Bestandteil der öffentlichen Entwicklungsleistungen sind […]. Vorhaben umfassen insbesondere entwicklungspolitische Informations-, Bildungs-, Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit in Österreich.
Dies war die Grundlage für die Förderung des Südwind Magazins. Letztmalig belief sich diese in der Höhe von etwa 230.000 € pro Jahr. Damit war es möglich, zehn Ausgaben pro Jahr mit sorgsam recherchierten und sachlich fundierten Artikeln aus der ganzen Welt zu erstellen. Diese Mittel werden von der aus dem Außenministerium ausgelagerten ADA nicht mehr zur Verfügung gestellt. Es klafft ein großes Finanzierungsloch.
Unklare Hintergründe, politische Einflussnahme?
Die Begründung, warum diese Mittel eingestellt wurden, ist für meine Begriffe nicht eindeutig. Offiziell von der ADA heißt es, dass aus „EU-Beihilferechtsgründen“ die Förderung nicht mehr vorhanden sei, da die finanzielle Unterstützung den „Binnenmarkt entwicklungspolitischer Magazine“ verzerren würde.
Da frage ich mich: Welcher Binnenmarkt entwicklungspolitischer Magazine? Und wie kann ein Magazin, mit einer Auflage von aktuell 8.000 Exemplaren pro Ausgabe, einen Markt verzerren? Dass hier die EU als Spielverderber von der ADA genannt wird, hat sogar die EU-Kommission zu einer Stellungnahme gezwungen (OTS0145 Presseaussendung, 7.2.2017):
Der Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich, Jörg Wojahn, erklärte dazu: „Die Entscheidung über das Ende staatlicher Förderungen für das Südwind Magazin liegt bei der Republik Österreich. Wer dabei die angeblich enge Auslegung des EU-Beihilferechts durch die EU-Kommission als Grund vorschiebt, erweckt den Eindruck, dass er nicht die Verantwortung für die eigenen Maßnahmen übernehmen will.“
Dieser Standpunkt der EU-Kommission ließ wieder Hoffnung schöpfen. Es kann also nicht am EU-Beihilferecht liegen, dass die Förderung nicht mehr genehmigungswürdig sei. Warum auch immer, aber am nächsten Tag gab es eine Klarstellung der EU-Kommission zu diesem Thema (OTS0131 Presseaussendung, 8.2.2017):
Die Schlussfolgerung einiger Beteiligter, nun sei eine Hürde für die Förderung ausgeräumt oder EU-Beihilfenrecht stelle kein Hindernis für die Förderung des Südwind-Magazins dar, ist allerdings falsch. Der Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich, Jörg Wojahn, stellt klar: „Wir haben in der Frage ‚Beihilfen für das Südwind Magazin ja oder nein‘ schlichtweg keine Position. Es gibt da nichts hinein zu interpretieren“.
Spannend. Am einen Tag erklärt die EU-Kommission, dass das „angeblich enge Beihilferecht“ nicht als Grund für das Ende staatlicher Förderung genannt werden kann, am anderen Tag wird sinngemäß erklärt, das EU-Beihilferecht möge doch ein Hindernis sein. Faktum ist: Irgendwem passt es nicht, dass das Südwind Magazin Förderung aus dem Topf der Entwicklungszusammenarbeit erhält.
Die Sache mit dem kritischen Journalismus
Kritischer Journalismus hat es heutzutage zwischen den Marktschreiern von „Fake News“ schwer. Dabei sind es genau Magazine wie das Südwind Magazin, die die Schlagzeilen-Blase großer Medien durchdringen. Wer kritisch über Themen berichtet, und dies trifft in der Globalisierung großteils wirtschaftliche und ökologische Themenbereiche, tritt zwangsläufig jemanden auf den Schlipps. Vor allem NGOs befinden sich oft im Kreuzfeuer; wenn sie aktiv werden, unangenehme Geschichten aufgreifen und veröffentlichen.
Außenminister Kurz hat erst vor wenigen Tagen mit dem Ausspruch: „Der NGO-Wahnsinn muss beendet werden“ für Aufsehen gesorgt. Mit diesem politischen Kalkül wirft er alle Nicht-Regierungs-Organisationen in einen negativ behafteten Topf, der Vorwahlkampf ist also schon mitten im Gange. Und das auf dem Rücken unzähliger Zivilorganisationen, die sich oft auch ehrenamtlich für eine bessere Gesellschaft einsetzen.
Das Südwind Magazin war und ist ein Medium, welches aufklärt, aber nicht mit dem Finger zeigt. Als in der Ausgabe Juni 2015 eine Grafik mit dem Titel „Abschiedungen verhindern“ abgedruckt war, ließen die empörten Rufe von FPÖ und Team Stronach nicht lange auf sich warten.
Grundtenor der textinterpretierten Grafik war die Vorgabe, ob der/die Betroffene Kontakt zu einer Rechtsberatung hatte. Dennoch war bei den erwähnten Parlamentsparteien vom Aufruf zu einer Straftat die Rede, es folgten im Sommer 2015 mehrere parlamentarische Anfragen an den zuständigen Bundesminister Sebastian Kurz. Medienexperten konnten hier aber keinen Aufruf zur Straftat feststellen. Sogar beim Staatsanwalt flatterte eine Anzeige auf den Schreibtisch wegen „Aufforderung zu einer Straftat“, welche Jusitzminister Brandstetter aber abschmetterte. Im Sommer 2016 hakte die FPÖ noch einmal mit einer Anfrage bezüglich der Förderungen für das Südwind Magazin nach. Das Magazin wurde auch zur Zielscheibe der rechten Netzplattform unzensuriert.at. Ende 2016 wurde die Förderung gestrichen.
Südwind Magazin retten
Ein Schelm wer Böses denkt, aber es scheint, dass auf diesem Weg kritische Münder mundtot gemacht werden sollen. Doch es gibt Unterstützung. Das Magazin kann auch ohne Förderung weiterbestehen, aber es braucht die Hilfe der Zivilgesellschaft. Und dass die vorhanden ist, verspürte das dreiköpfige Redaktionsteam nachdem sie mit der Problematik an die Öffentlichkeit gegangen waren.
Ich bin optimistisch, dass wir nicht von heute auf morgen „Zack, weg“ sind. Die große Frage ist aber das Langfristige. (Richard Solder)
Das Südwind Magazin lebt aktuell mehr schlecht als recht von den derzeitigen AbonnentInnen, doch für den langfristigen Fortbestand muss die Zahl der Abonnements noch gehörig steigen. Und mit langfristig ist gemeint: über die erste Jahreshälfte 2017 hinaus. Ich habe in der vergangenen Woche mein Südwind Abo bestellt. Denn der vergleichswiese geringe Betrag pro Jahr (42 € Normalpreis) sind mir für unabhängigen, weltoffenen, Bewusstsein schaffenden Journalismus auf alle Fälle wert. Das sollte es dir auch sein. Daher empfehle ich dir das Südwind Magazin zu unterstützen.
#suedwindmagazinretten
Im Gespräch mit Richard Solder, Chefredakteur Südwind Magazin.
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