Ihr Alltag ist die Hütte, ihre Heimat der Berg. Wirte und Mitarbeiter auf den alpinen Schutzhütten leben in romantisierender Vorstellung den Traum von Freiheit und Selbstverwirklichung. Doch das Leben und Arbeiten auf den Schutzhütten besteht nicht nur aus gemütlichen Bergblicken, sondern ist harte und oft unterschätzte Arbeit.
Die Sehnsucht nach den Bergen, nach einer Freiheit – zumindest teilweise – über den Wolken, lockt Jahr für Jahr bergaffine, aber auch Bergneulinge auf die Alpenvereinshütten in diesem Lande. Das Mitarbeiten auf Hütten hat sich zu einem spannenden und lehrreichen Sommerjob – und darüber hinaus – für die junge Generation entwickelt. Wer sich aber vorstellt, in der saftigen Bergwiese zu liegen und den Wolken beim Vorüberziehen zuzusehen, wird mit einer anderen Realität konfrontiert. Die Arbeit auf Hütten ist fordernd, Stressresistenz müssen Mitarbeitende mitbringen, aber auch im umgekehrten Fall mit Langeweile umgehen können. Denn so schnell die Stunden im Service oder in der Küche verfliegen, wenn an sonnigen Wochenenden die Hütte rappelvoll ist, so langsam vergehen die Minuten bei Sauwetter, wenn sich nur handverlesene BergsteigerInnen auf den Berg verirren. Dennoch: Es gibt immer was zu tun. So intensiv die Arbeit auch sein kann, meist entlohnt ein segensreicher Sonnenaufgang oder -untergang für die Mühen. Neben der finanziellen Entlohnung inklusive Kost und Logis sind diese Momente pures Gold wert.
Hüttenjob suchen und finden
Auf der Webseite vom Alpenverein finden Interessierte eine Börse für Hüttenjobs. Hier sind alle freien Hüttenjobs gelistet, die von den Pächtern selbst oder von den Sektionen ausgeschrieben sind. Mit einem Blick sind der Name der Hütte, das Bundesland und der zuständige Verein (ÖAV, DAV, eine alpine Gesellschaft oder privat) ersichtlich. Auch bayerische Hütten sind auf dieser Jobbörse gelistet. Außerdem wird angezeigt, welche Arbeitskräfte die Hütte eigentlich benötigt. Das beginnt bei der Arbeit in der Küche als Koch oder Hilfskraft, im Service, als Reinigungsmitarbeiter und geht weiter in Richtung Allroundkraft, die in allen Bereichen mitanpackt. Bei der spezifischen Stellenausschreibung wird beschrieben, was neue Arbeitskräfte auf der Hütte erwartet. Oft wird das Grundgehalt bereits angegeben und bewegt sich bei „Allroundern“ zumeist zwischen 1400 und 1600 Euro netto. Manche Stellenausschreibungen erwähnen, nach Kollektivvertrag zu bezahlen, oder bieten ein „faires“, „gutes“ und „attraktives“ Entgelt, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Freie Kost und Logis sind eigentlich obligatorisch, eine 6-Tage-Woche ist Standard, eine gerechte Aufteilung des Trinkgeldes wird ebenso oft angewendet. Je nach Hüttenlage erwartet Mitarbeiter ein Einzelzimmer und/oder sogar WLAN. Neben den bereits genannten Hardfacts sind auch die gute Zusammenarbeit im Team, Zuverlässigkeit, Flexibilität und Einsatzbereitschaft Erfolgsgaranten für eine freudige Arbeitszeit am Berg.
Eine Hütte pachten
Wer eine Hütte von einer Sektion des Alpenvereins pachtet, dem wird die „Gebrauchsüberlassung auf Zeit gegen Entgelt“ zugesprochen. Wem der Arbeitsplatz und der eigene Gestaltungswunsch auf den Berghütten entgegenkommt, kann sich somit selbst als HüttenwirtIn probieren. Grundsätzlich muss aber bereits oft im Vorfeld der Wind aus den Segeln genommen werden: HüttenwirtIn kann nicht jede oder jeder werden. Denn eine Berghütte zu betreiben, erfordert mehr als g’schmackige Kaspressknödel rauszubraten oder ein Zirbenschnapserl unter die Leute zu bringen. WirtInnen werden immer mehr mit komplexeren Anforderungen konfrontiert: Gesetzliche Vorgaben, Haftungsfragen, Energieversorgung, Trinkwasser und Kläranlagen, Abfallentsorgung, Brandschutz, Materialseilbahnen, Lebensmittelhygiene. Im Grunde sind HüttenwirtInnen „eierlegende Wollmilchsäue“. Der Alpenverein bietet für anstehende Pächter passende Technikseminare an, auf Fachtagungen werden Behördenthemen, Marketinganforderungen und Kundenanliegen behandelt.
Grundsätze des Alpenvereins
Doch auch wer sich in diesen Bereichen weiterbildet, muss nicht als HüttenwirtIn in Frage kommen. Die Pächter einer Alpenvereinshütte werden von Gästen zwangsläufig mit dem Alpenverein in Verbindung gebracht. Das heißt wiederum, dass sich HüttenbetreiberInnen mit den Ideen des Alpenvereins und den Grundsätzen identifizieren. Außerdem werden jene BewerberInnen bevorzugt, die auch alpine Erfahrung aufweisen können.
Gewerbeberechtigung
Selbst wenn auch diese Voraussetzungen erfüllt sind, heißt es nicht zwangsläufig, dass jemand eine Hütte pachten kann. Denn entweder ist eine Pächterkonzession notwendig oder eine einschlägige Ausbildung im Gastgewerbe erforderlich. Dies trifft aber wiederum nicht auf alle Hütten zu. Schutzhütten der Kategorie I fallen unter das „Freie Gewerbe“ und bedürfen somit keiner Gewerbeberechtigung. Dies sind Hütten mit „schlichter Ausstattung und einer einfachen, aber ausreichenden Verköstigung“, wie beispielsweise die Berliner Hütte am Zentralalpenweg 02 oder auch das Prielschutzhaus am Nordalpenweg 01.
Hüttenpacht
Die hüttenbesitzenden Sektionen legen die Hüttenpacht fest und vergeben diese in Form eines „Betriebsführungsvertrages“ zwischen der Sektion und den Pächtern. Der Pachtwert richtet sich dabei nach der Ertragskraft einer Hütte, welche wiederum von einigen Faktoren abhängig ist. Zum einen von der geografischen Lage der Hütte, und wie diese versorgt werden kann (ob per PKW, Seilbahn oder Hubschrauber). Zum anderen beeinflussen die Größe der Hütte und die daraus resultierende Anzahl an möglichen Tagesgästen und Übernachtungsgästen den Pachtzins. Zusätzlich fließt auch noch der Bauzustand der Hütte in die Berechnung ein. Üblicherweise werden Investitionen, die der Wirt zum Erhalt der Hütte erbringt, von der Pacht abgezogen. Weil eine Pacht, vor allem für Einsteiger, immer ein finanzielles Risiko ist, wird oft in den ersten Jahren eine Umsatzpacht vereinbart. Die Pacht richtet sich dabei mit einem gewissen Prozentsatz am erwirtschafteten Nettoumsatz aus. Das finanzielle Risiko teilt sich somit auf Sektion und Pächter auf. Im Gegensatz dazu steht die Fixpacht, die unabhängig von Umsätzen jährlich schlagend wird. Als drittes Pachtmodell wird eine Kombination aus Fix- und Umsatzpacht angewendet.
Wie hoch nun eine Hüttenpacht ist, kann pauschal nicht genannt werden. Jede Hütte hat andere Voraussetzungen, jede Sektion regelt die Hüttenpacht individuell. Bei Pachtausschreibungen des ÖAV und des DAV werden keine Werte genannt, bei Hütten des AV Südtirol liegt die Bandbreit von 2.000 bis 40.000 Euro pro Jahr, für eine ganzjährig bewirtschaftete Naturfreundehütte liegt der Jahrespachtzins zwischen 7.000 und 14.000 Euro.
Konfliktmanagement
Natürlich wird eine gute Zusammenarbeit zwischen Sektionen und Pächtern angestrebt. Auftretende Probleme sollten von beiden Seiten rasch kommuniziert und gemeinsam angegangen werden. Dennoch kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten, unschönen Vertragskündigungen, Streitereien und rechtlichen Verfahren. Die Umstände sind oft nicht mehr klar herauszuarbeiten, eine Seite zeigt sich zumeist „überrascht über das Vorgehen“. Vor einigen Jahren schaffte es so die Kürsingerhütte in der Venedigergruppe negativ in die Schlagzeilen.
Mehr noch als die „eierlegende Wollmilchsau“
HüttenwirtInnen sind wie schon erwähnt so was wie die „eierlegende Wollmilchsau“. Eigentlich stehen sie noch eine Stufe darüber. Denn sie managen nicht nur MitarbeiterInnen und die Logistik rund um die Hütte, sie sind lebende Wanderkarten, Routenplaner, sie unterhalten und schlichten – wenn es sein muss – Streit, sie kennen alle Bergspitzen der Umgebung und sind Wetterfrösche. Denn seien wir uns ehrlich: Wer von uns hat noch nie beim Frühstück gefragt, wie das Wetter heute wird? Die verantwortlichen Personen leisten im Hüttenbetrieb eine außergewöhnlich umfangreiche Arbeit, damit Wanderer verköstigt werden, sich ausrasten und eine Nacht verbringen können. Dieser Leistung muss jedenfalls Respekt gezollt werden.
Die Arbeit als HüttenwirtIn oder die Mitarbeit auf einer Schutzhütte ist mitunter nicht immer einfach, gemütlich oder fein. Sie ist aber – trotz des scheinbar gleichen Tagesablaufes und der abseitigen Lage der Hütte – besonders abwechslungsreich. Jeder Tag wird mit anderen Gästen verbracht, jeden Tag werden andere Geschichten erzählt, auch die Wolkenformationen sehen jeden Tag anders aus. Außer wenn Regenwolken einige Tage lang die Sicht vernebeln und kaum Gäste den Weg zur Hütte finden. Aber auch das gehört zum Leben und Arbeiten auf einer Schutzhütte. Auf Regen folgt Sonnenschein – in den Bergen zählt diese Weisheit sogar noch doppelt.
Dieser Artikel erschien erstmalig im Magazin weitweg 2/2021 der ÖAV Sektion Weitwanderer.
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