Katja von Wellness Bummler hat die Tortur der 24h-Wanderung am Moselsteig offensichtlich gefallen, sonst hätte sie wohl nicht zur Blogparade aufgerufen und stellt gleichzeitig die Frage: „Macht wandern glücklich?“
Ich will die Frage nicht sofort beantworten, sondern mich vorher mit der Frage selbst beschäftigen. Wandern. Diese Fortbewegungsmöglichkeit mauserte sich vom notwendigen Übel zur Freizeitaktivität. Für viele Generationen vor meiner Zeit war das zu Fuß gehen die klassische Fortbewegungsart. Waren wurden transportiert, neue Gebiete erschlossen. Man fand am Fußweg Glück der anderen Art, als wir es heute suchen. Das Pilgern kann als historischer Sprung für das Wandern angesehen werden. Man wanderte aus religiösen Motiven, um Buße zu tun, für etwas zu danken, für Abgeltung. In weiterem Sinne also auch für das persönliche Glück. Daran hat sich bis heute eigentlich nichts geändert, nur die Motive sind viel unterschiedlicher geworden.
Wagen wir nun den Sprung in die Neuzeit. Gerade sitze ich auf der Couch, passe auf drei herumliegende und spielende Hunde auf. Vom Wandern keine Spur. Direkt rechts neben mir liegt die aktuelle Alpenvereinszeitung, am Tisch vor mir liegt mein neuestes Buch WIEN WANDERT, am Regal neben mir steht das Buch „Legendäre Reisen in den Alpen“ und wieviele Wander- und Bergbücher sich im Regal hinter mir befinden, weiß nicht mal ich. Wandern ist Teil meines Lebens geworden, ein sehr großer Teil. Und ich kann behaupten, nachdem ich dieses Wandern schon seit vielen Jahren intensiv praktiziere, dass ich dadurch ein glücklicherer Mensch geworden bin. Ich wurde geduldiger, ausgeglichener, negativen Umständen trete ich nun viel gelassener gegenüber, meine Offenheit gegenüber neuen Dingen und Menschen hat sich vergrößert, die eigene Wahrnehmung meiner Umwelt hat sich verschärft, ich brauche weniger Materialismus und lebe einfacher. Und in diesem Fall trifft das altbackene Sprichwort ins Schwarze: Weniger ist mehr. Mehr an Lebensgefühl, mehr an Lebensglück.
Dass Wandern glücklich macht, belegen mittlerweile einige Studien – ob sie von unabhängigen Unternehmen oder einschlägigen Sportmarken durchgeführt wurden. Wandern macht jedoch nur insofern glücklich, wenn man sich darauf einlässt. Was nützt nach einem anstregenden Berganstieg die schönste Aussicht, wenn man den Anstieg gedanklich nicht hinter sich lassen kann und sich auf das momentane Besondere nicht einlässt. Wandern macht auch nur glücklich, wenn man den Moment fühlt und an sich heran lässt. Klar, der Weg bis hierher und der zukünftige Weg schwingen in den Gedanken mit, aber wer wandert, lebt im Moment. Und diese Momente können sich in Sekundenbruchteilen vom Negativen ins Positive schaukeln, oder auch umgekehrt.
Ich meine nicht, dass nur schöne Momente das Wanderglück ausmachen. Es ist dieses ständige Auf und Ab, nicht topographisch gesehen, sondern wie wir etwas fühlen. Wenn Wandern ständig Glück machen würde, wann würden wir wissen, dass es etwas Besonderes ist?
Die Begehung des Jakobsweges war mein Wanderglück, 30 Tage lang. Auch wenn ich am Anfang körperliche Schmerzen überwinden musste, die im ersten Augenblick kaum zum Glück beitragen, erzähle ich diesen Tiefpunkt in einem Atemzug mit dem Sonnenuntergang am Kap Finisterre, dem Ende meines Jakobsweges. In den Schmerzphasen konnte ich kaum von Glück sprechen, doch auch diese haben zum gesamten Glück beigetragen.
Wandern hat mein Leben geformt und geprägt. Glück ist für mich nicht eine Kontinuität des Schönen, sondern nach einem Tief das kommende Hoch zu erleben, zu genießen und zu etwas Besonderem zu machen. Und das kann wandern.
Macht dich wandern auch glücklich?
Der Artikel entstand im Rahmen der Blogparade: „Macht wandern glücklich?“ von Wellness Bummler.
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