Der jährliche Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins zeigt auf: 92 von 93 Gletscher in Österreich zogen sich zurück, die Pasterze sogar um 203,5 m, ein für diesen Gletscher deutlicher neuer Negativrekordwert. Der aktuelle Bericht kann als weiteres „Warnsignal an die Klimapolitik“ gelesen werden.
Die ehrenamtlichen Gletschermesser des Österreichischen Alpenvereins haben für ihren aktuellen Gletscherbericht 93 Gletscher in Österreich beobachtet oder vermessen: Alle außer einer zogen sich im Gletscherhaushaltsjahr 2022/23 zurück. Im Vergleich zum letztjährigen Bericht sind die einstigen Eisriesen von 2022 auf 2023 im Mittel um 23,9 m kürzer geworden. Dies ist nicht nur der dritthöchste Wert in der 133-jährigen Geschichte des Alpenverein-Gletschermessdienstes, sondern auch der letzten sieben Jahre zugleich. Den höchsten Längenschwund weist Österreichs größter Gletscher, die Pasterze (Kärnten), mit einem für diesen Gletscher neuen Negativrekordwert von 203,5 m auf, gefolgt vom Rettenbachferner (Tirol) mit 127,0 m. Für den Österreichischen Alpenverein ist ein ausnahmsloser Schutz der Gletscher und deren Vorfelder dringender denn je.
Grafik: Die mittlere Längenänderung und die Anzahl der vorstoßenden (hellblau), stationären (blau) und zurückschmelzenden (orange) beobachteten Gletscher zwischen 1960 und 2022. © Alpenverein
Größter Rückzug in Kärnten und Tirol
Die maximalen Rückzugsbeträge lagen im Berichtsjahr 2022/23 deutlich über denen des Vorjahres, in dem sich kein Gletscher um mehr als 100 m zurückgezogen hatte. Im aktuellen Berichtsjahr waren die fünf Gletscher mit den höchsten Rückzugsbeträgen die Pasterze (Kärnten, Glocknergruppe) mit dem neuen Rekordwert für diesen Gletscher von 203,5 m, der Rettenbachferner (Tirol, Ötztaler Alpen) mit 127,0 m, der Sexergertenferner (Tirol, Ötztaler Alpen) mit 93,7 m, das Schlatenkees (Osttirol, Venedigergruppe) mit 92,8 m und der Fernauferner (Tirol, Stubaier Alpen) mit 68,0 m.
10 größte Rückgänge – Längenverluste in Metern:
- Pasterze (Kärnten, Glocknergruppe): -203,5
- Rettenbachferner (Tirol, Ötztaler Alpen): -127,0
- Sexergertenferner (Tirol, Ötztaler Alpen): -93,7
- Schlatenkees (Tirol, Venedigergruppe): -92,8
- Fernauferner (Tirol, Stubaier Alpen): -68,0
- Gepatschferner (Tirol, Ötztaler Alpen): -67,0
- Freiwandkees (Tirol, Glocknergruppe): -65,8
- Marzellferner (Tirol, Ötztaler Alpen): -49,9
- Frosnitzkees (Tirol, Venedigergruppe): -46,0
- Alpeinerferner (Tirol, Stubaier Alpen): -43,4
Der mittlere Rückzugsbetrag der 79 sowohl 2022 als auch 2023 vermessenen Gletscher betrug –23,9 m. In der 133-jährigen Geschichte des Alpenverein-Gletschermessdienstes ist dies der dritthöchste Wert hinter jenen der Messjahre 2021/22 mit –28,7 m und 2016/17 mit –25,2 m – alle drei Negativrekordwerte wurden also innerhalb der letzten 7 Jahre erreicht.
Seit Jahren weist der Österreichische Alpenverein auf den dringenden und ausnahmslosen Schutz der Gletscher hin. Besonders zerstörerische Erschließungen von bisher unberührten Gletscherflächen sind laut Alpenverein in Zeiten der Klimakrise alles andere als zeitgemäß. „Ein Umdenken der Politik ist hier dringend notwendig! Wir müssen uns jetzt zu einem naturverträglichen Tourismus hinbewegen – Erschließungen von bisher unberührten Gletscherflächen sind Raubbauten an der Natur“ betont Nicole Slupetzky, Vizepräsidentin des Österreichischen Alpenvereins, die durchihren Vater, den Geographen und Glaziologen Prof. Heinz Slupetzky, dem Thema Gletscher von Kindesbeinen an sehr verbunden ist.
Dieser Artikel erschien erstmalig im Magazin weitweg 2/2024 der ÖAV Sektion Weitwanderer.
Keine Kommentare möglich.