Hast du schon mal eine Weitwandertour direkt von der Haustüre aus gestartet? Nein? Mach das doch mal – und lese nach dem Absatz weiter. ;)
Ja? Hast du dann am Ende der Weitwandertour eine vertraute Haustüre erreicht, die nichts mit der Anfangs-Haustüre zu tun hatte? Nein?
Wir haben. Und zwar von Alinas mütterlichem „Daham“ im niederösterreichischen Steinfeld zu meinem väterlichen „Dahoam“ im oberösterreichischen Zentralraum. Zwischen diesen wohligen Plätzen liegen 200 Kilometer Wanderwege, die sich über unsere Begehung gefreut haben. Damit uns dabei nicht fad wurde, war die Vierbeinerin Pirie auch auf dieser 10-tägigen Wandertour mit von der Partie.
Tag 1: Drei Viecher rennen frei um – vom „Daham“ nach Puchberg/Schneeberg
Tag 2: Zwischen Eiskalt und Bacherl(woarm)wirt – von Puchberg/Schneeberg nach Schwarzau im Gebirge
Tag 3: Vertraue keinem gebackenem Champion – von Schwarzau/Gebirge nach Mariazell
Tag 4: Können wir nicht einfach hier bleiben? – Ruhetag in Mariazell
Tag 5: Und wenn i obn bleib, oba auffi muas i – von Mariazell zum Ötscherschutzhaus
Tag 6: Wir lassen uns nicht Lunzen – vom Ötscherschutzhaus nach Lunz/See
Tag 7: Eiserne Gefährten – von Lunz/See nach Waidhofen/Ybbs
Tag 8: Many Most – von Waidhofen/Ybbs nach Maria Neustift
Tag 9: Steyrermen san very good – von Maria Neustift nach Steyr
Tag 10: Wenn du heim kommst und keiner daheim ist – von Steyr zum „Dahoam“
Tag 1: Drei Viecher rennen frei um
Die Rucksäcke sind gepackt, das Frühstück von Alinas Mama liegt in unseren Mägen, die Waldviertler werden geschnürt. Ich bin topmotiviert, Alina ist topmotiviert und Pirie kann sowieso nicht aus. Es kann uns nichts aufhalten, schon gar nicht die kühle Brise an diesem Mai-Tag außerhalb der wohlig warmen vier Wände. Brrr.
Wir verlassen den Ortsteil Neusiedl/Steinfeld und erreichen über eine asphaltierte Bauern-Autobahn den Ortsteil Gerasdorf, welcher manch jungen, männlichen MitbürgerInnen dank der “Einkehrmöglichkeit” bekannt sein könnte. Dank einer Nebenstraße werden wir nicht gezwungen an der Autostraße nach Würflach zu wandern. Im Ort mit dem Terrassenbad stoßen wir auf den burgenländischen Mariazellerweg, welcher unser Wegbegleiter bis nach Mariazell sein wird.
Am Eingang zur Johannesbachklamm erhalten wir Besuch von Alinas Mama und ihrer Schäferhundin. Gemeinsam durchschreiten wir die wildromantische Johannesbachklamm, welche schon 1902 begehbar gemacht wurde. Der Steig ist seitdem aber erneuert worden. 😉
Nach der Johannesbachklamm wandern wir die Schotter- und Asphaltstraße entlang, müssen jedoch bald höllisch aufpassen, denn “Koarl’s Viech renn’d frei um”.
Wir wandern neben der Autostraße entlang bis zur kleinen Ansiedlung Rosental, an welcher wir der guten Markierung des burgenländischen Mariazellerweges ins Hornungtal folgen. Nach einem Bauernhof geht’s nun bergauf durch ein Waldstück, wandern an Wiesen entlang zur B26, begehen die stark befahrene Straße nur wenige Meter und biegen wieder auf einen Güterweg ab.
Es wechseln sich nun Güterwege, Wiesenpfade und Forststraßen ab, ehe wir relativ schnell im Tourismus-Ort Puchberg/Schneeberg landen. Unsere heutige Unterkunft, der Gasthof Schwarzer Adler, bietet am Ruhetag zwar eine Nächtigung an, jedoch keine Verpflegung. Diese holen wir uns in einem anderen Gasthaus in Puchberg, Möglichkeiten zur Verköstigung gibt es hier genug. Auch ausgelöste Backhühner findet man in Puchberg, die manche dem problematischen Umgang mit Messer und Gabel in die Schuhe schieben.
Wir verabschieden uns von der Schäferhündin und von Alinas Mama, sie treten die Heimreise mit der Bahn an. Am Schwarzen Adler angekommen klebt für uns eine Nachricht an der Eingangstür. Ein Anruf später öffnet uns der Wirt die Tür und führt uns durch das dunkle Speisezimmer in den ersten Stock zu unserem Zimmer für diese Nacht. Wir drehen noch eine kleine Runde im Ort, besichtigen die Ortskirche und die Ruine Puchberg. Bald landen wir jedoch wieder in unserem beheizten Zimmer und lassen den ruhigen Abend bei einem Gläschen Rotwein in trauter Dreisamkeit ausklingen.
Streckenlänge: 18,1km
Höhenmeter: 650m
Unterkunft: Gasthof Schwarzer Adler: 30,5 € p.P. mit Frühstück, +5 € für Hund
Besonderheiten am Weg: Johannesbachklamm, Koarl’s Viech, Ortskern Puchberg
Tag 2: Zwischen Eiskalt und Bacherl(woarm)wirt
Die Nacht ist sehr geruhsam, so geruhsam, dass wir beinahe das schon vorbereitete Frühstück verpassen. Aber gerade noch mal gut gegangen, der Tee ist noch warm und kalter Kaffee macht ja bekanntlich schön.
Auch wenn dies nicht unsere erste Weitwandertour ist, stellt man meist nach der ersten Nacht fest, dass man den Rucksack irgendwie anders packen könnte. Spätestens nach dem zweiten „Jo, Kruzi“ schafft man Ordnung im Rucksack. Man lernt immer wieder dazu.
Next stop: Wasserfallwirt. Wir haben nun kurz den Mariazellerweg verlassen um einer Kuhweide auszuweichen. Nachdem wir den “Prater” hinter uns gelassen haben, erreichen wir den noch geschlossenen Wasserfallwirt. Warum das Gasthaus so heißt, hört man bereits. Nur wenige Gehminuten vom Haus entfernt rauscht der Sebastianwasserfall, bei welchem besonders nach der Schneeschmelze erfrischendes Wasser den Gesetzen der Schwerkraft folgt. Nicht nur Wasserratten, auch Kletterafferl fühlen sich am Sebastianwasserfall wohl.
Es ist mittlerweile für Sauwetterverhältnisse relativ warm geworden und die Jacke kann endlich im Rucksack verschwinden. Vorerst.
Ein steiler blau markierter Waldsteig führt uns auf eine Forststraße und wieder auf den Mariazellerweg. Je höher wir steigen, desto eher vermissen wir die Jacken, welche in unseren Rucksäcken auf ihren Einsatz warten. Kurz nachdem wir an der Mamauwiese eine kleine Stärkung zu uns genommen haben, setzt eiskalter Wind und Schneefall ein. Nicht nur die Jacke wird wieder aus dem Tiefschlaf geholt, Haube und Handschuhe kommen nun ebenfalls zum Handkuss.
Der Römerweg führt uns über eine Kuhwiese und leicht ansteigend in ein Waldstück. Der höchste Punkt der heutigen Etappe mit 956m ist bald erreicht, von nun an geht’s auf Waldwegen und Forststraßen bergab in das Voistal. Die folgenden vier Wanderkilometer schlendern wir entlang der Landstraße, welche zwar nicht stark befahren ist, aber viele Kurven aufweist und nicht gut einsehbar ist. Nach der kleinen Ortschaft Vois wird die Straße links liegen gelassen, eine letzte Steigung führt uns in den Wald. Der Schneefall ist mittlerweile von sanften Sonnenstrahlen verdrängt worden. Es gibt unsympathischere Situationen. Wir treffen auf die Bundesstraße B27 – Motorrad-Raser kennen sie als die „geile Streckn durchs Höllental“ -, überqueren diese und können über eine Holzbrücke den Schwarza-Fluss überschreiten. Am Traktorweg neben dem Fluss treffen wir wieder auf eine Straße, an welcher wir links unser heutiges Ziel erreichen, den Bacherlwirt.
Mit einer Erzählung über die Erlebnisse im Bacherlwirt könnte ich eigentlich ein eigenes Kapitel verfassen. Bei unserer Ankunft hängen die beiden Wirtsleut auf ihren Sesseln in der Küche. Sie muten an, als hätte die beiden schon das Zeitliche gesegnet. Doch sie haben nur geschlafen und fallen fast von den Sesseln, als wir uns bemerkbar machen.
Die Frage nach einem Klo erübrigt sich, man folge einfach dem Geruch. Unser Zimmer befindet sich im zweiten Stock, doch selbst das vorher genannte Toilettenstübchen riecht man bis rauf. Ich schmeiße mich probehalber auf die Matratze und werde verschluckt. Ein sehr weiches Bett für diese Nacht.
Der Schirm der Nachttischlampe ist angebrannt, von einer Funktionalität kann keine Rede sein, ohne Glühbirne wird keine Lampe leuchten. Eine leere Weinflasche von unseren Vorschläfern steht noch am Nachtkästchen, so werden wir wohl auch in die Nacht starten. Das kleine Waschbecken im Zimmer ist für die Ganzkörper-Hygiene verantwortlich, eine Hobbit-Toilette befindet sich im gleichen Stockwerk. Nachdem ich nun schon genug Werbung für den Bacherlwirt gemacht habe, hier ein negativer Aspekt: an unser Zimmer schließt ein Balkon an, auf welchem wir den Abend mit keinem Gläschen, sondern einer Flasche Wein ausklingen lassen. Also bitte, wer möchte denn sowas…
Aber, ich habe die Nacht im Bacherlwirt genießen können und bin froh, dass wir dort genächtigt haben. Sonst hätte ich jetzt weit weniger schreiben müssen.
Streckenlänge: 20 km
Höhenmeter: 730m
Unterkunft: Gasthof Bacherlwirt, 21 € p.P. mit Frühstück
Besonderheiten am Weg: Sebastianfall, Mamauwiese, Kapelle in Vois
Tag 3: Vertraue keinem gebackenen Champion
Die Nacht ist ob der Besonderheiten im Bacherlwirt doch sehr entspannend gewesen. Zwei Mal muss ich mich zwar aus dem Schlund der Matratze befreien, doch das flüssige Betäubungsmittel hat Wirkung gezeigt.
Im Erdgeschoss wird das Frühstück zubereitet, welches aber keine Wünsche offen lässt. Die urige Wirtin schenkt uns Tee und Kaffee ein, während an der Bar schon das erste Bier des Tages für einen Gast gezapft wird. Doch irgendwann kommt auch für uns die Zeit des Aufbruches.
Unser heutiges Ziel ist Mariazell. Wer den Burgenländischen Mariazellerweg kennt, weiß, dass die Strecke von Schwarzau nach Mariazell „ka Bemmerl is“. Stolze 32km und der höchste Punkt des Burgenländischen Mariazellerweges erwarten uns heute. Auf, auf, rasten können wir morgen auch noch.
Die asphaltierte Straße führt uns ins Preintal, der Untergrund wird erdig, bald schmäler und steinig. Es geht aufwärts, rauf auf’s Gscheidl, mit 1.134m der höchte Punkt nach Mariazell. Nicht nur geographisch ein Höhepunkt, viele Wallfahrtsgruppen hinterlassen hier Erinnungstafeln auf den Bäumen, der Aufstieg zum Gscheidl ist gesäumt von Kreuzen und Wallfahrtstafeln. Na, wenn ich das gewusst hätte, könnten wir hier selbst eine Tafel auf einen Baum nageln.
Hallo Hochschwab. Vom Gscheidl sieht man nämlich schon das prächtige Massiv hervorblitzen. Wir wandern nun an einer Forststraße nahe der 1.000 Meter-Marke zum und nach Lahnsattel an der Südseite vom Göller.
Stets im Nahbereich der B23 – oder auch mal direkt daneben – erreichen wir die kleine Ansiedlung Terz, bekannt für den Kreuzungspunkt der B23 und B21, einer Schlüsselstelle für Motorrad-Ausflügler. Hier verlassen wir dann auch das niederösterreichische Ländle und steuern der grünen Mark zu. Aber vorerst – der Tag war schon lang – stillen wir unseren Hunger am Gasthof direkt an der Kreuzung in Terz.
„Hach, wie lustig, schau wie die Champignon schreiben“, sag ich noch zu mir selbst. Und genau diese Mahlzeit genehmigt sich Alina, nichtwissend, dass der Nährwert der „Champion“ in Folge ins Negative rutscht.
Gegessen, getrunken und gezahlt haben wir, nun folgt der letzte unspektakuläre Abschnitt durch das Halltal neben der Bundesstraße nach Mariazell. Denkste unspektakulär. Nach ca. einem Kilometer beginnt Alina zu jammern. Nicht die Länge der Etappe macht ihr zu schaffen, sondern die Mahlzeit von vorhin. Texta ft. Attwenger zitierend – „so schnö konnst gor ned schaun“ – wird der Rucksack abgeworfen und die „Champions“ finden ihren Weg im Rachen-Rückwärtsgang ins Gebüsch. Ein leerer Magen und ein am Boden liegender Kreislauf nach 22 Kilometern Fußmarsch sind nicht gerade das, was wir uns von dieser Wanderung erhofft haben.
Ich zücke das Handy und rufe das erste Mal in meinem Leben eine Auskunft an – mediale Werbung bleibt halt dann doch irgendwie hängen. Ein Taxi aus Mariazell ist organisiert und schippert uns zu unserer Unterkunft am Ortsbeginn von Mariazell. Nach dieser verausgabenden Tour kommt uns der morgige Ruhetag gerade recht. Und die Moral von der Geschicht? Traue keiner Menütafel mit Rechtschreibfehler.
Streckenlänge: 32 km (davon 23km zu Fuß, Rest mit dem Taxi)
Höhenmeter: 1.050m
Unterkunft: Gästehaus Zach, 23 € p.P. mit Frühstück
Besonderheiten am Weg: Gscheidl, Champignon im Gebüsch, Mariazell
Tag 4: Können wir nicht einfach hier bleiben?
Der Ausblick unseres Balkonzimmers lässt die Gräuel des Vortages schnell vergessen. Wir fühlen uns im Gästehaus Zach sehr gut aufgehoben, genießen die Gastfreundschaft und das besondere Frühstück.
Der Ruhetag wird mit einem Bummel durch Mariazell, einem Spaziergang an der Salza und einem Schläfchen am sonnigen Balkon ausgefüllt. Alina ist wieder topfit und wir sind bereit für den morgigen Ötscher-Aufstieg – auch wenn es uns die Unterkunft nicht leicht macht, diese zu verlassen.
Streckenlänge: ach, eigentlich gar nichts, ein paar Kilometer an der Salza
Höhenmeter: no one knows
Unterkunft: wie bei Tag 3
Besonderheiten: Basilika Mariazell, Lebzelterei, Kerzenzieherei
Tag 5: Und wenn i obn bleib, oba auffi muas i
Ich packe meinen Rucksack und nehme mit: keine Wasserflasche. Wo ist dieses Ding? Das halbe Zimmer wird auf den Kopf gestellt, doch von meiner Flasche ist nichts zu sehen. Könnte die Flasche aus dem Rucksack gefallen sein, als wir mit dem Taxi unterwegs waren? Wieder wird das Handy gezückt und diesmal direkt der Fahrer angerufen. Na eh klar, hebt nicht ab.
Nach Rücksprache mit der Inhaberin des Gästehauses ist der Taxifahrer meist am Vorplatz der Basilika stationiert – wenn er eben nicht unterwegs ist. Da wir sowieso an der Basilika vorbeimarschieren, versuchen wir unser Glück. Und siehe da, das Auto steht am Vorplatz der Basilika, der Fahrer lehnt lässig am Taxi und nuckelt an meiner Flasche. Scherz, also das Nuckeln. Der Fahrer kann sich sofort an uns erinnern, weiß aber nichts von einer Flasche. Ein Blick in den Kofferraum genügt und schon kann ich mein rundes Ding wieder in meine Arme nehmen.
Wir wandern nun entgegen der eigentlichen Wegführung des Oberösterreichischen Mariazellerweges nach Mitterbach am Erlaufsee und setzen unseren Weg am Erlaufstausee fort.
Der gut markierte Weitwanderweg leitet uns zur landschaftlichen Attraktion der Weitwandertour: in die Ötschergräben. Ach ja, es ist übrigens ein sonniger Mai-Sonntag. Die ideale Voraussetzung für unzählige Ausweichmanöver, vollbesetzte Tische am Ötscherhias und kaum einsame Wegabschnitte. Erst als wir immer höher und tiefer in den Graben steigen, meldet der Wanderverkehrsfunk, dass die Strecke von der Überlastung befreit ist und man mit keinem Zeitverlust mehr rechnen muss.
Der Ruhetag in Mariazell hat uns jedoch auf Anfänger-Wanderniveau zurückgeworfen. Es wird geschnauft, es wird geschwitzt, es wird pausiert. Doch auch selbst wir erreichen nach dem steilen Aufstieg den 1.283m hohen Riffelsattel. Von hier geht’s dann nur mehr die Skipiste rauf zum Ötscherschutzhaus. Wir sind die einzigen Gäste und bleiben die einzigen Gäste. Die Zimmerwahl fällt äußerst schwer.
Streckenlänge: 23km
Höhenmeter: 1.570m
Unterkunft: Ötscherschutzhaus, ich glaube so um die 15 € p.P. mit Frühstück (im Zimmer)
Besonderheiten am Weg: Erlaufstausee, Ötschergräben, Mira- und Schleierfall
Tag 6: Wir lassen uns nicht Lunzen
Nach der Ötscher-Etappe folgt eine kürzere Tour nach Lunz am See. Den Ötscher-Gipfel lassen wir jedoch unangetastet, auch wenn ich das am Abstieg kurz bereue (die Möglichkeit ist ja fast zum Greifen nah da gewesen) – aber da ist es dann schon zu spät.
Es ist diese Tour eine Wanderung zum Entspannen, wenn da nicht die liegen gelassene Hundeleine wäre. Auf einem bergauf führenden Wanderweg nach Lackenhof machen wir kurz Pause, legen die Rucksäcke ab, strecken die Sehnen mal durch. Wir gehen weiter, bis Alina nach ca. 15 Minuten Pirie an die Leine hängen will, aber irgendwie nicht kann – die Leine ist futsch. Na super, bei der Pause liegen gelassen? Wahrscheinlich. Ich weiß nun, was mir bevorsteht. Zurückmarschieren, Leine holen, wieder bergauf wandern. Auf dieser Etappe mache ich mal gewiss mehr Wanderkilometer als Alina.
Die Leine ist wieder am Hund und wir am Lunzer See. Der Ortskern, mit unserer Unterkunft, befindet sich nicht direkt am See, sondern etwa 1,5 Kilometer westwärts. Da das Wetter für sonnenverwöhnte Mitteleuropäer nicht wirklich badetauglich ist, lassen wir den Lunzer See hinter uns und genießen den restlichen Tag im Zimmer und bei einem Spaziergang durch den Ort.
Streckenlänge: 17 km
Höhenmeter: 282m
Unterkunft: Gasthof Zellerhof, 35 € p.P. mit Frühstück
Besonderheiten am Weg: Gut Seehof, Lunzer See
Tag 7: Eiserne Gefährten
Eisen dominiert den siebten Tag unserer Wandertour. Auf den ersten Kilometern wandern wir am 06er neben den Gleisen des Ötscherland-Expresses bis Bodingbach. Regen, oh Regen, warum verlässt du uns nicht.
Wie ein wohl geformter Bumerang kommen die Regenwolken immer wieder zu uns retour, sobald sie uns mal kurz verlassen. In Maria Seesal legen wir deshalb eine Tee- und Toast-Pause im hiesigen Gasthof ein. Der Sohn der Wirtsleut arbeitet währenddessen an seinen Hausaufgaben, doch nebenbei läuft Donald Duck im Fernsehen. Über die Qualität der Hausaufgaben weiß nur die Lehrkraft Bescheid.
Der Regen wird nicht weniger. Es reicht, auf gut oberösterreichisch: „drauf gschissn“. Nässer als nass können wir eh nicht werden. Unsere Wurschtigkeit gibt uns recht und die Regenwolken verziehen sich kurz vor Ybbsitz. Nach über 20 Kilometern landen wir etwas durchnässt in der Schmiedestadt und werfen einen Blick auf die Wanderkarte. Ein Asphalthatscher auf Güterwegen wird uns jetzt nach Waidhofen/Ybbs erwarten.
„Oh, schau, eine Bushaltestelle. Der Bus fährt sogar nach Waidhofen, in 15 Minuten fährt er ab.“ Den Rest der Geschichte könnt ihr euch denken.
Streckenlänge: 30km (davon 20km zu Fuß, Rest mit dem Bus)
Höhenmeter: 810m
Unterkunft: Pension Hoher Markt, 43 € p.P. mit Frühstück
Besonderheiten am Weg: Maria Seesal, Ybbsitz
Tag 8: Many Most
Die teuerste Unterkunft unserer Wandertour bietet uns aber den prominentesten Ausblick auf Waidhofen/Ybbs. Vor allem der Frühstücksraum im Dachgeschoss sorgt für „Ahs“ und „Ohs“ aus unseren noch verschlafenen Mündern.
In Waidhofen sagen wir auch dem Voralpinen Weitwanderweg 04 leise „Grias di“. Gleichführend mit dem OÖ Mariazellerweg setzen wir unseren Weg an Konradsheim vorbeileitend weiter. Sanfte Hügel, wenig befahrende Güterwege und gemütliche Wanderwege wechseln sich ab und führen uns aus Niederösterreich hinaus. Nur wenige Kilometer nach der Grenze zu Oberösterreich stoßen wir schon auf die kleine Ortschaft Maria Neustiftv – unser heutiges Tagesende.
Da wir heute relativ flott unterwegs gewesen sind, bleibt genug Zeit, um dem Most zu fröhnen. Im Gastgarten der Roisentaverne gesellt sich eine Weitwanderin zu uns, die am Weg nach Mariazell ist. Den Mann und die Kinder hat sie mal zuhause gelassen und wandert ein paar Tage alleine durch die Landschaft. Wir unterhalten uns wunderbar, ein Most folgte auf den anderen, der Abend wurde lang.
Streckenlänge: 15 km
Höhenmeter: 550m
Unterkunft: Privatzimmer Ahrer, 28 € p.P. mit Frühstück
Besonderheiten am Weg: Mostviertler Landwirtschaft, Kirche Maria Neustift
Tag 9: Steyrermen san very good
Auf den kurzen Tag folgt wieder ein fast 30-er, doch bevor überhaupt ein Schritt nach draußen gesetzt werden kann, warten wir erst mal. Denn der liebe Petrus hat den Stöpsel am Wasserausfluss vergessen und der strömende Regen ergießt sich über Maria Neustift. Sogar die Dachrinne ist bald mal überfordert.
Alles hat ein Ende, auch das Gewitter in Maria Neustift. Ohne weitere Regenergüsse bewältigen wir den Tag, welcher uns vorerst über den Spadenberg führt – der letzten 1.000-Meter-Marke auf dieser Tour.
Nach einem Windpark verlässt uns der 04er-Weg, welcher seine Fortsetzung in Ternberg an der Enns findet. Wir jedoch wandern weiter am 06er-Weg in Richtung Damberg. Den Aufstieg zur Warte am 807m hohen Damberg lassen wir uns nicht entgehen.
Am 06er wandern wir vom Damberg hinab nach Steyr, kehren aber zwischendurch im Gasthaus Schoiber ein, was sich als Glücksfall für unsere Pirie erweist. Denn die Haushündin hat verblüffende Ähnlichkeit mit unserer Pinscher-Mischling-Hündin und die beiden verstehen sich prächtig. Als wir uns jedoch wieder auf die Socken machen, knurrt die Haushündin unsere Pirie an, wenn ich die Hundesprache hier übersetzen darf: „Du darfst nicht gehen.“
Rausch, rausch, rausch. Nach zwei Tagen in der Pampa und ohne Stadtkontakt kommt uns der stressige Verkehr in Steyr sehr fremd vor. Dankenswerterweise können wir bei meiner Schwester und ihrem Freund in Steyr übernachten, doch befindet sich ihr Wohnort einmal quer durch die Stadt marschierend an der Enns. Aber sie haben für uns gekocht und der laue Mai-Abend lässt einen gemütlichen Abendausklang auf Balkonien zu.
Streckenlänge: 28 km
Höhenmeter: 1.080m
Unterkunft: bei meiner Schwester, kostenlos
Besonderheiten am Weg: Spadenberg, Damberg, Steyr
Tag 10: Wenn du heim kommst und keiner daheim ist
Der letzte Tag unserer „Daham“ zum „Dahoam“-Tour. Wir freuen uns auf die Ankunft, aber irgendwie wollen wir doch noch weiter marschieren. Die ersten Meter führen uns auf einen Steg über die Enns und weiter in den Stadtteil Gleink. Wir sind nicht allein unterwegs, der Freund meiner Schwester hat sich uns angeschlossen und begleitet uns bis nach Sierning.
Von Gleink wandern wir auf Güterwegen nach Wolfern und nach dem Ort treffen wir auf den Salzsteigweg 09, welchen wir bis nach Sierning begehen. In Sierning verlassen wir wieder den 09er und suchen uns nun unserer Wege selbstständig. Teilweise wandern wir auf Straßen, begehen jedoch auch einsame Waldwege und Schotterstraßen, durchqueren Bauernhöfe und rasten an schattigen Plätzen. Der letzte Ort vor unserer Ankunft – Rohr im Kremstal – ist uns nur eine schnelle Durchquerung wert und ab hier kenne ich mich dann wieder aus.
Es ist ein heißer, sonniger Tag – ein perfekter Abschluss. Ein letztes Mal durchqueren wir einen Wald, den mir so bekannten und in der Kindheit oft erkundenten Schacherwald, und wir befinden uns auf der Zielgeraden.
Wir haben es geschafft, das „Dahoam“ ist erreicht. Doch es ist gerade niemand daheim, um uns Einlass zu gewähren. Macht nichts, wir lassen auf der Terrasse die letzten 10 Tage im Geiste Revue passieren. Und wegen dem frühmorgentlichen Gedanken zum Weitermarschieren: dieser ist verflogen. Wir wollten heim, und sind daheim.
Streckenlänge: 31 km
Höhenmeter: 460m
Unterkunft: „Dahoam“
Besonderheiten am Weg: Oberösterreichische Landwirtschaft in Reinkultur
Vom niederösterreichischen Steinfeld in den oberösterreichischen Zentralraum. Eine selbst zusammengestellte Weitwandertour auf unterschiedlichsten Wegen.
Gesamte Streckenlänge: 213km (194km zu Fuß)
Gesamte Höhenmeter: 7.500m
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