Halb Österreich sucht am ersten Juni-Wochenende das kühle Nass, ich suche jedoch eine hitzige Bergtour. Gesucht, gefunden. Gemeinsam mit Kathi, die sich spontan entschlossen hat, mich bei dieser Tour zu begleiten, erreiche ich mit der Bahn den Luftkurort Puchberg/Schneeberg und mit dem Bus die Talstation der Salamander Sesselbahn in Losenheim (872m).
Im Oktober letzten Jahres habe ich mich schon am Novembergrat probiert, musste aber leider w.o. geben – der Körper war noch zu geschwächt. Heute soll es aber funktionieren. Die Rucksäcke sind fixiert, die Wanderschuhe geschnürt, die Sonnencreme ist aufgetragen, los geht’s.
Tourdaten: Novembergrat auf den Schneeberg
Ausgangs- und Endpunkt: Bushaltestelle Losenheim Talstation Sesselbahn
Streckenlänge & -dauer: 12,7 km / 8 Stunden
Höhenmeter: 1.300 m
Wegcharakter: Der rot markierte Nördliche Grafensteig überquert zwei Geröllfelder, jedoch ohne Gefahr eines Ausrutschens. Vor allem in den Waldstücken ein ständiges Auf und Ab. Die ersten Höhenmeter am Novembergrat sind noch von Latschen einvernommen, rote Punkte erleichtern die Orientierung im Gelände. Je höher man steigt, desto lichter wird das Latschenmeer und bald wandert man nur mehr im Felsgelände. Die Hände kommen am Novembergrat oft zum Einsatz, wenig ausgesetzt, viele Ausblicke. Zwischen Ausstieg Novembergrat, Klosterwappen, Fischerhütte und Einstieg Fadensteig eher gemütliche Karren- und Trampelpfade. Gelb markiert und felsig führt der Fadensteig bergab zur Edelweißhütte. Von hier auf Waldsteigen und Pisten hinab nach Losenheim.
Einkehr: Damböckhaus nahe dem Ausstieg Novembergrat, Fischerhütte, Edelweißhütte
benutzte Karte: BEV Sonderkarte 25 Schneeberg & Rax
weitere Karten: fb WK 022, fb WK 012, BEV ÖK50 4212
Auffi aufn Berg
Die ersten Kilometer wandern wir stetig eine Forststraße bergauf, zur Ferdinand-Bürkle-Hütte (1.287m) wird der Waldweg steiler. Die Bergrettungshütte lassen wir jedoch rechts liegen, wir wenden uns nun dem Nördlichen Grafensteig zu und queren die Breite Ries.
Nach einer kurzen Waldbegehung wartet mit der Krummen Ries eine weitere Querung eines Geröllfeldes. Und nur wenige Minuten danach erreichen wir den Aussichtspunkt Sitzstatt (1.376m) – wenn du dort bist, wirst du ihn erkennen, ehrlich. Und direkt an diesem Punkt beginnt der Zustieg zum Novembergrat.
Der Novembergrat ist nicht in allen Wanderkarten gekennzeichnet. In der BEV Sonderkarte Schneeberg+Rax im Maßstab 1:25.000 ist der Grat gut eingezeichent. Rote Punkte erleichtern vor Ort die Orientierung, ansonsten sucht man sich auch schon mal eine eigene Route am Grat.
Der Novembergrat zählt nicht zu den luftigsten Graten. Er ist nur wenig ausgesetzt, dafür aber sehr aussichtsreich. Die Hände kommen zum Einsatz, Kletterstellen im Bereich I+ sind keine Seltenheit.
Doch am Grat hat man selbst immer wieder die Freiheit seine Blicke schweifen zu lassen. Von der Breiten Ries in die Gutensteiner Alpen, ins Puchberger Becken und darüber hinaus und in den Schneidergraben hinab.
Je höher wir steigen, desto felsiger wird die ganze Angelegenheit. Die Sonne brennt vom Himmel, der Wasserverbrauch übersteigt durchschnittliche Verzehrstatistiken. Gehgelände und leichte Klettereien wechseln sich ab und sorgen für einen genussvollen Aufstieg.
Doch auch selbst die schönste Aufstiegstour ist mal vorbei. Punkt 12 Uhr erreichen wir den Ausstieg des Novembergrats (ca. 1.800m), die Feuerwehrsirenen heulen vom Tal empor. Während wir uns eine wohlverdiente Pause genehmigen, haben wir schon direkten Sichtkontakt mit dem Klosterwappen und der Fischerhütte aufgenommen.
Der Weg zum Klosterwappen (2.076m) „zaht“ sich dann doch noch etwas. Während man am Novembergrat die Menschenbegegnungen an einer Hand abzählen konnte, würde man am Aufstieg zum Klosterwappen schon Tintenfischarme benötigen. Hier tut sich was am höchsten Berg von Niederösterreich.
Am Gipfelkreuz des Klosterwappens treffe ich einen alten Bekannten in Form einer Inschrift. Der liebe Joseph Kyselak hat hier einen Nachahmer gefunden.
Ein viel begangener Wanderweg leitet uns zur Fischerhütte (2.049m), an welcher nicht nur die Kinder was zum Angreifen und Bestaunen haben, sondern sich auch halbnackte Männer in den Schnee werfen. Reges Treiben in und um der Hütte, wir bringen an der vom ÖTK geführten Schutzhütte unseren Wasserhaushalt wieder in Ordnung.
Der Abstieg steht uns bevor. Kurz nach 17 Uhr verlässt der letzte Bus die Talstation in Losenheim, diesen wollen wir erwischen. Die Zeitangabe am Wegweiser lässt uns optimistisch in die Zukunft blicken.
Der Fadensteig ist einer der klassischen Aufstiegswege auf den Schneeberg, auch wenn er kein einfacher ist. Manche Stellen sind mit Stahlseilen gesichert – auch wenn sie es nicht sein müssten – und Handeinsatz ist ab und zu von Nöten. Doch die wahre Gefahr am Fadensteig liegt in den abgeschliffenen Felsen von den vielen, vielen Begehungen – sanft wie ein Babypopo fühlen sich die Felsen an.
Der Fadensteig führt uns unweigerlich zur Edelweißhütte (1.248m). Hier genehmigen wir uns die letzte Rast der heutigen Tour, die Zeit bis zur Busabfahrt lässt dies noch erlauben.
Von der Edelweißhütte leiten uns Wegweiser und ein gelb markierter Weg hinab durch ein Waldstück und Skipisten bis zur Talstation nach Losenheim. Der Bus chauffiert uns wieder nach Puchberg/Schneeberg und mit der Bahn geht es wieder retour in Richtung Heimat. Ich blicke zurück auf eine perfekte Bergtour, besser konnte der Tag nicht verlaufen.
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